15.05.2022 – 28.05.2022
Bei strahlendem Sonnenschein legt das Schiff ab, wir genießen kurz die Aussicht auf die schwindende Küste von Nova Scotia und fahren direkt in dichten Nebel hinein, der sich auch bis zur Ankunft nicht lichtet – zu schade!





Die Überfahrt war wie von „Windy“ vorhergesagt, sehr ruhig. Da es sogar WiFi an Bord gibt, nutzen wir die Zeit, um einige Dinge zu erledigen und machen es uns im Café gemütlich.Nach 7 Stunden Fahrzeit kommt Neufundland in Sicht, bzw. die vagen Umrisse, die man im Nebel erkennen kann.

Hier wird die Uhr nochmal um eine halbe Stunde vorgestellt und wir fahren nur noch ein kleines Stück weiter. Unterwegs gibt uns ein freundlicher Neufundländer einen Tipp für einen schönen Übernachtungsplatz. Es ist für uns eine positive Überraschung, dass sich bislang niemand daran gestört hat, wenn wir uns an öffentlich zugänglichen Orten ein ruhiges Plätzchen für die Nacht gesucht haben. Hieß es doch in allen Reiseführern, dass wildes Campen in Kanada nicht erlaubt sei. Natürlich respektieren wir, wenn ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass Parken über Nacht nicht gestattet ist und selbstverständlich ebenso die Privatsphäre der Einwohner. Die Menschen hier sind ausgesprochen freundlich und kommunikativ und es ergeben sich oft sehr nette Gespräche. Es ist ein gutes Gefühl willkommen zu sein.
Wir haben uns vorgenommen, zunächst bis nach St. John`s zu fahren. Es gibt nur eine Straße quer durch Neufundland, unterwegs finden wir immer wieder sehr schöne Plätze zum Verweilen.






Twillingate
ist eine Insel und man erreicht sie bequem über ein paar kurze Dämme und fährt dann auf einer Küstenstraße mit wunderschönen Ausblicken auf das Meer und die typischen kleinen Dörfer mit ihren bunt angemalten Häusern. An der Spitze der Insel ragt über steilen Klippen der 1876 erbaute Leuchtturm empor. Es ist ziemlich nebelig und regnerisch und wir verzichten darauf, die mindestens 1000 Stufen hinaufzusteigen. Auch von hier aus kann man leider keine Eisberge und Wale sehen.




Für die Nacht finden wir auf einer Quad-Piste einen tollen Platz und machen noch einen kurzen Spaziergang ans Meer. Wir bekommen nur kurz Besuch von einer Gruppe Jugendlicher, die mit großer Begeisterung die Piste entlang düsen. Walter würde am liebsten gleich mitmachen…



Trinity
Unser nächster Stopp ist Trinity, ein kleines Fischerdorf, in dem der Film „Schiffsmeldungen“ gedreht wurde (übrigens sehr empfehlenswert!).



Wir übernachten gegenüber der Stadt am Fort Point, wo sich die Überreste einer britischen Festung von 1745 befinden. Wie nicht anders zu erwarten, ist auch dieses Informationszentrum noch nicht geöffnet.







Elliston
nennt sich selbst „The Root Cellar Capital of the World”. In dem winzigen Ort gibt es 135 unterirdische Lagerräume für Obst und Gemüse. Sie sind überraschend groß, allerdings werden sie wohl heute nicht mehr genutzt, es gibt ja Kühlschränke…



Wir freuen uns über einen geöffneten Laden, der unter anderem heimische Produkte verkauft. Besonders ans Herz gelegt wird uns die Marmelade aus Wildbeeren (wilde Erdbeeren und Himbeeren, Moltebeeren, Preiselbeeren, Blaubeeren, Partridgeberries und Marshberries) nach einem Originalrezept seiner Großmutter, wie uns der Verkäufer versichert. Er macht kein Geheimnis aus der Rezeptur und erläutert uns, dass bei der Herstellung nur sehr wenig Zucker benötigt wird, da die Beeren spät im Jahr – bis in den November hinein – geerntet werden und dadurch selbst reichlich Zucker gebildet haben (kennt man ja vom Wein). Außerdem haben die Beeren reichlich Pektin, so dass keine weiteren Zusatzstoffe benötigt werden. Natürlich greifen wir bei dem auch noch sehr preiswerten Angebot zu und legen uns einen kleinen Vorrat an.
Der Verkäufer erklärt uns auch noch den Weg zu den Vogelklippen, wo eine große Kolonie Papageientaucher nistet.
Ein kurzer Weg führt über steil abfallende Klippen ziemlich nah an den Felsen heran. Wir sehen viele Möwen, die Papageientaucher sind wohl noch unterwegs auf dem Wasser. Nur ein Pärchen kommt kurz aus seiner Höhle und präsentiert sich für ein Foto, Glück gehabt!







Bonavista
John Cabot, der 1497 als zweiter Europäer (nach Leif Erikson) auf den Nordamerikanischen Kontinent traf, rief beim Anblick der Küste: „Oh, buona vista“ und schon hatte de Ort seinen Namen. Es ist wirklich hübsch hier und wir besuchen am Leuchtturm eine weitere Vogelkolonie (leider ohne Papageientaucher). Ein Einheimischer erklärt uns, dass sie wie die Elche bei Sonnenaufgang und -untergang anzutreffen sind. Die Elche natürlich eher im Wald als auf der Klippe…Wenigstens sehen wir tatsächlich in der Ferne einen Eisberg im Meer schwimmen. Allerdings bewegt er sich eigentlich gar nicht, wahrscheinlich wurde er von Locals am Felsen verankert, um Touristen zu erfreuen.





Ein Stück weiter fahren wir noch an der „Dungeon“ vorbei, eine 90 m tiefe Schlucht am Meer, die durch den Zusammenbruch zweier Höhlen entstanden ist. Durch 2 riesige Löcher donnert die Brandung an den Strand.


St. John`s
ist die Hauptstadt Neufundlands und mit ca. 100 000 Einwohnern auch die größte.
Der Naturhafen in St. John`s in direkter Nähe zu den unglaublich reichhaltigen Fischgründen war der Anlass für die Gründung der Stadt 1528. Weit bis ins 20. Jahrhundert galt St. John`s als das wichtigste Welthandelszentrum für gesalzenen Kabeljau und es gab pro Kopf mehr Millionäre als in irgendeiner anderen Stadt Nordamerikas.
Nach einem Fangverbot für Kabeljau 1992 ging die Fischerei stark zurück, dafür boomte die Offshore Ölindustrie…
Wir parken das Auto am Hafen und schlendern durch die Altstadt. An der Anzahl der Irish Pubs erkennt man das Erbe der vielen Einwanderer aus Irland.



Wir laufen den Berg hinauf, um von oben auf die malerisch am Hang liegenden vielen farbenfrohen Häuser zu blicken. Nur die wild über die Straße verlegten elektrischen Leitungen stören ein wenig das idyllische Bild.



Wir besuchen das prominent am Berg platzierte Museum „The Rooms“ – bisschen Kultur muss auch mal sein. Vom Café aus hat man einen tollen Blick auf den Hafen und wir genießen den Ausblick und ein ebensolches Essen.



The Rooms beinhaltet auf 4 Ebenen Ausstellungen über die jüngere Geschichte der Stadt, Fauna und Flora Neufundlands. Zum Beispiel kann man einen riesigen Tintenfisch besichtigen, der in einem 6 m langen Aquarium konserviert wurde. Außerdem ist man stolz, die Versteinerung des ältesten „muscular animal“ der Welt: Haaotia Quadriformis (560 Millionen Jahre alt) zu präsentieren, beeindruckend!


Auch der Besiedlung durch verschiedene Einwanderergruppen vor den Europäern ist ein Stockwerk gewidmet. Die ersten Einwohner kamen vor ca. 9000 Jahren aus Labrador und siedelten entlang der Küste. Wie auch in vielen anderen Teilen der Welt wurden auch hier die Menschen durch die Europäer (überwiegend Engländer und Franzosen) verdrängt und durch eingeschleppte Krankheiten dezimiert. Man nimmt an, dass die Wikinger, die 500 Jahre vor den Engländern Neufundland besiedelten, auch Kontakt zu den Ureinwohnern hatten, was aber historisch nicht genau dokumentiert ist.
Besonders gefallen hat uns die Kunstausstellung mit Bildern von Inuit aus Kinngait (früher Cape Dorset), einer Siedlung östlich von Neufundland im Nunavut Terretorium.
Außergewöhnliche Bedeutung besitzt die Gemeinde als „Inuit Art Capital“. Am Ende der 50-ger Jahre förderten James und Alma Houston das enorme künstlerische Potential an künstlerischer Begabung und Kreativität der Inuit. Sie führten europäische Steindrucktechniken (Lithografie, Steinschnitt, Aquatinta-Radierungen) ein. Es entstand die „West Baffin Eskimo Co-operative“ und die „Kinngait Studios“, die bis heute weltweit für das künstlerische Werken der Einwohner bekannt ist.









Unweit der Stadt erhebt sich der
Signal Hill
Hier gelang 1762 Großbritannien der entscheidende Sieg über die Franzosen, die seit Ende des 17. Jahrhunderts erbittert um die Vorherrschaft in dem Gebiet kämpften.
Von hier hat man einen schönen Blick auf St. John`s.
Das Schlösschen auf dem Hügel ist John Cabot gewidmet, der 1497 Neufundland erreichte.




Unser Übernachtungsplatz liegt direkt gegenüber auf Cape Spear und genießen einen weiteren schönen Sonnenuntergang, der den Himmel über dem Felsen von St. John`s in rosa-orangenes Licht taucht.



Am nächsten Tag geht’s direkt auf die Westseite der Avalon Peninsula. Die Ostseite lassen wir aus, weil auch hier die Highlights wie der Fossilienpark und die Colony of Avalon erst ab Juni ihre Pforten öffnet. Wir übernachten nach einer atemberaubenden Fahrt auf einer unbefestigten Straße bei Point Lance.




Cape St Mary`s Ecological Reserve
Im Informationszentrum (tatsächlich geöffnet) schauen wir und die kleine informative Ausstellung an. Wir bekommen sogar eine deutsche Übersetzung der Vogelnamen ausgedruckt, die auf den in der Nähe befindlichen Vogelfelsen brüten, toller Service!



Wir sind die einzigen Besucher heute Morgen und laufen die 1,2 km zu den Felsen. Auf halber Strecke haben wir schon einen tollen Ausblick auf die Steilküste mit Hunderten dicht an dicht an den Hängen sitzenden Vögeln. Ein ohrenbetäubender Lärm liegt in der Luft und ein leichter Hauch von Guano weht herüber. Der Himmel ist voll von Vögeln, die über dem Meer nach Nahrung suchen und uns ihre Flugkünste vorführen.
Am Ende des Weges stehen wir unmittelbar vor einem Felsen, auf dem sich dicht an dicht die Basstölpel drängen. Wir sind nur etwa 15 Meter von den brütenden Vögeln entfernt, aber sie lassen sich in keiner Weise von uns stören. Nebenan auf der Klippe sind noch jede Menge Dreizehenmöwen und ab und an Trottellummen und Kormorane zu sehen. Wir können nicht genug kriegen von dem Spektakel und bleiben eine ganze Weile und beobachten die Vögel.







Nach und nach treffen weitere Besucher ein und wir verlassen den Platz, da nur eine begrenzte Anzahl von Menschen gleichzeitig auf dem Felsvorsprung sein sollen.


Die nächsten 2 Tage geht es die gleiche Strecke wieder zurück und am Deer Lake biegen wir Richtung Norden ab.
Gros Morne National Park
Diesmal ist das Häuschen am Eingang besetzt, wir bezahlen 18 CAD für ein Tagesticket. Damit können wir alle Einrichtungen des Parks besuchen, nur die Übernachtung auf einem der Campingplätze würde noch etwas extra kosten. Der Park wurde 1987 zum Weltkulturerbe erklärt und ist besonders wegen seiner geologischen Besonderheiten von Bedeutung. Die beeindruckenden Tafelberge bestehen aus Gestein, das tief aus der Erdkruste stammt und Beweise für die Theorie der Plattentektonik liefert

Schon von Weitem sieht man das Tafelbergmassiv herausragen. Das bronzefarbene Gestein ist so ungewöhnlich, dass auf ihm nur ganz wenige Pflanzen wachsen können.

Wir haben uns einen Wanderweg bei den Tablelands ausgesucht.





Im nahegelegenen Informationszentrum ist sehr ausführlich beschrieben, wie das Gebirge entstanden ist. Ein kurzer Film zeigt die verschiedenen Abschnitte des Parks und ihre Highlights wie die vulkanischen Brandungspfeiler, Höhlen an der Küste und die Fundorte von Fossilien.
Nach einem kurzen Fußweg zu einem 40 Meter in die Tiefe stürzendem Wasserfall verlassen wir am Abend den Park und übernachten am Arches Rock ein Stückchen weiter.



Auf dem Viking Trail geht es jetzt immer entlang der Küste – eine tolle, gut ausgebaute Straße! Ein Abstecher nach Port au Choix führt uns mal wieder vor verschlossene Türen eines Informationszentrums. Dort geht es um die Geschichte der First Nations und dem rätselhaften Verschwinden eines der Stämme vor ca. 3200 Jahren. Das kalte Wetter mit eisigem Wind verlockt uns nicht zur Erkundung des Außenbereiches über einen 4 km langen Wanderweg.


Wir biegen auf die 432 ab und fahren ein kurzes Stück durchs Land. In den Wäldern liegt noch allerhand Schnee und die Seen sind zum Teil noch zugefroren.

Bei einem Fotostopp hält ein Ranger an und klärt uns über die Gefahren von plötzlich über die Straße laufenden Karibus und Elchen auf. Karibus hatten wir schon gesehen, und kurz darauf begegnen wir tatsächlich 2 Elchen, die am Waldrand grasen. Sie sind nicht total schreckhaft und es gelingen mir ein paar schöne Fotos.



Wir übernachten bei Raleigh, an der Ha Ha Bucht.




Am nächsten Morgen fahren wir direkt nach
L` Anse aux Meadows – UNESCO World Heritage Site
Wir stehen an der Bucht und versuchen uns vorzustellen, wie die Boote der Wikinger unter Leif Eriksons Führung vor ca. 1000 Jahren hier an der an Land gingen. In nur 9 Tagen erreichten sie von Grönland aus die nördlichen Spitze Neufundlands. In norwegischen Erzählungen wird seit Jahrhunderten ein Ort namens „Vinland“ erwähnt.




Aber erst 1968 gelang es den norwegischen Forscher*innen Anne Stine und Helge Ingstadt, den Nachweis zu erbringen. Von L`Anse aux Meadows breiteten sich die Wikinger bis nach New Brunswick aus, wo tatsächlich wilder Wein wächst.


Heute sieht man nur noch die Überreste ihrer Siedlung, die als vage Umrisse im feuchten Untergrund zu erkennen sind: Es waren acht Holz- und Grassodengebäude verschiedener Art und Größe.

Ein Nachbau einiger Häuser, die mit damals üblichen Gebrauchsgegenständen eingerichtet wurden, vermitteln einen guten Eindruck davon, wie die Wikinger gelebt haben. Mit großem Erfindungsreichtum richteten sie sich ein und es gibt Nachweise für Eisen- und Bronzeherstellung.










Fans von „Vikings“ wären begeistert, die realen Plätze der Handlung zu sehen.
Die Siedlung war wahrscheinlich nur wenige Jahre bewohnt. Darauf deuten auch die Islandsagas hin, die von Kämpfen mit „Skrælingen“ berichten, die ihnen zahlenmäßig weit überlegen waren. Es wird vermutet, dass die Wikinger weiterhin von Grönland aus Expeditionen nach Neufundland unternahmen, um Handel mit den Einwohnern zu treiben, bis auch die Siedlung in Grönland im 15. Jahrhundert aufgegeben wurde.
Wir haben diesmal unglaubliches Glück, das Informationszentrum ist noch geschlossen, aber eine nette Frau hat Mitleid mit uns, als wir uns die Nasen an der Eingangstür plattdrücken und lässt uns herein. Die Arbeiten sind noch im Gange, aber die meisten Ausstellungsstücke können wir uns ansehen.
St. Anthony
Am nördlichen Ende der Stadt gibt es einen hübschen Aussichtspunkt. Einen Eisberg sichten wir, aber immer noch keine Wale…





Wir füllen unsere Wasservorräte Benzintanks und Gasflaschen auf und sind nun bestens gerüstet für die Fahrt nach Labrador.
Gegenüber des Fährhafens in St. Barbe bleiben wir noch einen Tag und genießen das Wetter und die schöne Gegend.



Insgesamt sind wir sehr froh über die einfache aber gut ausgebaute Infrastruktur für uns Wohnmobilisten. Da die Zeltplätze zum überwiegenden Teil noch nicht geöffnet haben und wir sowieso lieber an einsamen Plätzen stehen möchten, sind wir froh, in ausreichender Anzahl auf Dump-Stations zu treffen. An Tankstellen kann man sie beim Tanken oft unentgeltlich oder gegen eine kleine Gebühr (5 CAD) nutzen und gleichzeitig Trinkwasser bekommen. Es gibt aber auch kommunale Einrichtungen, die unentgeltlich sind.
Sehr sehr spannend und wie immer tolle Bilder! Wir wünschen euch weiterhin eine gute Reise 🙂
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