28. 5.2022 – 05.06.2022
Die Fähre am Morgen haben wir knapp verpasst, dafür sind wir Nr. 1 auf der Warteliste für die Fähre am Mittag. Aber um diese Zeit ist es sowieso kein Problem, ohne Reservierung einen Platz zu bekommen.
Knapp zwei Stunden später, nach einer ruhigen Überfahrt erreichen wir Blanc Sablon, Labrador. Wir fahren nur ein kleines Stückchen weiter und bleiben über Nacht beim Leuchtturm von L´Anse Amour.
Es ist deutlich kälter als noch in Neufundland und es schüttet wie aus Kübeln. Wir verspüren keine Lust, unser gemütliches Zuhause zu verlassen und klettern den Leuchtturm nicht hinauf – wir hätten auch nicht viel sehen können, da es auch noch ziemlich nebelig ist.
Später am Abend kommt ein Sturm auf und Walter muss das Auto in den Wind drehen. Jetzt haben wir zwar die schöne Aussicht aufs Meer nicht mehr, aber besser so, als ins selbe geweht zu werden…





Es sei vorab schon mal bemerkt: Die Tour durch Labrador wird wenige kulturelle Höhepunkte haben – hier öffnen die meisten Sehenswürdigkeiten und Museen erst im Juni, bzw. Juli. Egal, wir lieben die raue Natur und sind nicht allzu frustriert.
Am nächsten Tag führt uns die Straße bis auf 300 m Höhe – und wir sind fasziniert von der Winterlandschaft.





Waren in Neufundland bislang nur noch stellenweise Schneereste zu sehen, finden wir uns in tief verschneiter Landschaft wieder, deren Seen gerade erst aufzutauen beginnen. So krass hätten wir es nicht erwartet, aber wir sind begeistert von den Anblicken, die sich uns bieten. Einen weiteren Vorteil hat die Kälte natürlich auch: die berühmt – berüchtigten Moskitoschwärme können uns nicht quälen!
Wir fahren weiter auf dem Labrador Highway und biegen auf eine Nebenstraße ab, in der Hoffnung auf ein schönes Plätzchen. Allerdings wird die Straße nicht gewartet und wir müssen nach kurzer Zeit schon wieder umdrehen, weil noch zu viel Schnee liegt.



Wir übernachten dann an einem Fluss in der Nähe von Port Hope Simpson. Abends kommen Angler aus dem Dorf herunter und wir schnacken ein bisschen. Die beiden Forellen, die wir angeboten bekommen, lehnen wir dankend ab. Die Erklärung Walters, dass er Vegetarier ist, wird mit einem Lachen quittiert.


Auf der Weiterfahrt nach Happy Valley Goose Bay – die Stadt heißt tatsächlich so – läuft vor uns ein Bär auf die Straße. Er guckt kurz zu uns rüber und verschwindet gleich wieder im Wald. Er ist zu schnell für mich, habe leider kein Foto machen können, nur ein kleiner Vogel wartet geduldig.



Im Town Center von Happy Valley Goose Bay erkundigen wir uns nach der Notfallnummer für die Weiterfahrt. In weiten Bereichen entlang des Labrador Highways gibt es keine Netzabdeckung. Man kann sich deshalb umsonst ein Satellitentelefon ausleihen, um im Notfall Hilfe herbeizurufen. Da wir ein eigenes dabei haben, brauchen wir nur die Nummer: 911, wie überall in Kanada. Die freundliche Frau im Rathaus erkundigt sich für uns nach den Öffnungszeiten des Interpretation Centers in North West River: Das Zentrum hat tatsächlich geöffnet, das Museum nebenan erst am 6. Juni. Nach einem netten Gespräch über woher und wohin überreicht sie uns noch einen Pin mit dem Stadtwappen: Eine Gans vor dem glücklichen Tal und malerischer Buchtkulisse, was sonst!
Die Stadt an sich bietet nichts wirklich Bemerkenswertes, wir füllen wieder alle Vorräte auf (Gas, Diesel, Trinkwasser, Lebensmittel, Überlebensmittel). Auf dem Weg zum Supermarkt spricht uns ein freundlicher Mann an, der uns sofort als Touristen erkennt und empfiehlt uns aufs Wärmste einen Besuch in seinem Laden: „LU Designs – Labrador`s Best Kept Secret“. In Erwartung von außergewöhnlicher Handwerkskunst traditioneller Art fahren wir natürlich dorthin. Wir werden allerdings in dieser Hinsicht enttäuscht, der Laden bietet allerdings ein interessantes Gemisch aus Touristenzeug (T-Shirts, Kaffeebecher, bemalte Muscheln), gefriergetrockneten Süßigkeiten, original englischen Produkten (Toffees, Marmite) sehr schönen Grußkarten, Kinderspielzeug und vielem mehr – und das auf ca. 20 qm.
Ich erwerbe dann doch noch ein von einer Einheimischen gefertigtes Produkt, Ohrstecker in den Landesfarben Labradors. Über deren künstlerischen Wert kann man sicher verschiedener Ansicht sein, aber mir gefällt`s.



Wir fahren nach dieser anstrengenden Einkaufstour noch ein Stück weiter nach North West River, dem am weitesten nordwestlichen Punkt Nordamerikas, der mit dem Auto erreicht werden kann. Wir bleiben für die Nacht auf dem Sunday Hill mit fantastischem Ausblick auf Lake Melville und die Mealy Mountains und auf der anderen Seite auf den Grand Lake.


Am nächsten Morgen besuchen wir das Labrador Interpretation Center.
Wir werden freundlich empfangen und erhalten eine ausführliche Erklärung darüber, was die Ausstellung bietet. Wie schauen uns einen Film über den Torngat Mountains National Park an, der das Leben und die wilde Natur im äußersten Norden Labradors beschreibt. Man kommt nur mit dem Schiff oder mit dem Flugzeug dorthin, was ziemlich aufwendig und teuer ist.
Es wird viel über die Geschichte Labradors erzählt. Anhand einer Timeline werden die verschiedenen Einflüsse der Kulturen – Innuit, Innu, Metis und Settler – auf das Land beschrieben. In lebensgroßen Dioramen sind historische Szenen aus dem Alltag der Menschen dargestellt.



Auf dem Weg nach Churchill Falls machen wir noch Halt am Gull Lake und am Churchill River.





Dort führt uns eine kurze Wanderung zu den Churchill Falls. Vor dem Baden im Fluß wird gewarnt, hatten wir ehrlich gesagt auch nicht vor! Ein angenehm zu bewältigender Weg durch den Wald, vorbei an kleinen Seen mit tollen Ausblicken auf den Canyon, immer begleitet vom leisen Bimmeln des Bärenglöckchens.





Gegenüber vom Wasserfall, der 75 Meter in die Tiefe stürzt, ist eine kleine Plattform errichtet worden, von wo aus die besten Fotos zu machen sind- was für ein Service!



Auf unserem Weg weiter Richtung Labrador City fahren wir mal wieder durch traumhafte Landschaften, mit riesigen Seen, die immer noch teilweise mit Eis bedeckt sind.



Labrador City liegt zwar schön an einem See, ist aber geprägt durch den Eisenerztagebau und hat den fragwürdigen Charme einer Industriestadt.
Noch bis zu 50 km weiter südwärts sieht man überall die riesigen Abraumhalden, Industriegebäude und schweres Gerät entlang der Straße.


Langsam wird es deutlich wärmer, die Temperaturen erreichen astronomische Höhen von 16 Grad!


Am Réserve Ècologique Louis-Babel, eine kreisrunde Insel in einem Kratersee, legen wir noch einen Stopp ein. Auf der Weiterfahrt genießen wir den Anblick der frisch ausgeschlagenen Birken, die mit ihrem zarten Grün einen schönen Kontrast zu den dunklen Nadelbäumen bilden- zauberhaft!


Kurz wagt sich ein junger Bär auf die Straße und ein Biber sitzt in Gedanken versunken am Straßenrand. Beide verschwinden aber blitzartig, sobald wir uns auf Fotodistanz nähern.
Unterwegs kommen wir noch am riesigen Staudamm „Daniel Johnson“ vorbei, der imposant neben der Straße emporragt. Eigentlich könnte man das den Staudamm besichtigen, aber….


Am 05. Juni erreichen wir Baie Comeau und damit das Ende des Labrador Highways.



Es war ein tolles Erlebnis, durch Labrador zu fahren, der Labrador Highway ist inzwischen fast überall gut ausgebaut, nur etwa insgesamt 170 km südlich von Fermont sind noch unbefestigte Piste.

Die fast unbewohnte endlose Weite ist faszinierend und übt auf uns große Anziehungskraft aus. Inmitten unberührter Natur morgens aus dem Fenster aufs Meer, einen See oder ein Gebirgspanorama zu blicken ist ein Erlebnis, von dem wir einfach nicht genug bekommen können.
Baie Comeau liegt in der Provinz Quebec, unsere Uhren mussten wir wieder 1 Stunde zurückstellen. Hier am St. Lorenz Strom hat uns die Zivilisation wieder voll im Griff und wahrscheinlich wird auch das wilde Campen leider ein Ende finden.
Was für eine tolle, lebhafte und anschauliche Beschreibung Eurer Reise. So interessant. War der Bär „sehr“ jung??? Als Biologe lief bei mir dabei gleich im Kopf ab, was wohl die Mama (im Gebüsch)von einem Fototermin halten würde… 😉😊😊😊👍👍👍 Gute Fahrt weiterhin! LG von Sabine und Matthias
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