25.07.2022 – 08.08.2022
In Fort Nelson decken wir uns noch mit Bärenspray und Hupe ein, jetzt gehts in Grizzly – Gebiete! Wir fahren noch ein Stück auf dem Alaska Highway Richtung Norden.
Die 2.400 km lange Strecke von Dawson Creek (BC) durch die Wildnis Kanadas und Alaskas bis nach Fairbanks wurde während des 2. Weltkrieges in nur 8 Monaten fertiggestellt. Die Straße diente zunächst militärischen Zwecken, als Nachschubstraße zur Verteidigung Nordamerikas gegen Japan.
Es wird gebirgig und wir überqueren einen kleinen Pass in 1.200 m Höhe. Nach 3 Nächten Campingplatz genießen wir wieder die wilde Natur an einem türkisblauen Bach.





Wir überqueren die Grenze zu Yukon. Unterwegs begegnet wir wieder Bären, Waldbisons, Karibus und ein paar Stone Sheeps am Straßenrand.





In Watson Lake besichtigen wir den Sign Post Forest, eine Ansammlung von mehr als 77.000 Schildern aus aller Welt. Das erste hat ein Soldat während der Arbeit am Alaska Highway von seinem Heimatort hier aufgestellt.



In Watson Lake biegen wir auf den Campbell Highway ab, wir versprechen uns mehr Einsamkeit und Wildnis, als auf dem stark befahrenen Alaska Highway.
Ab und zu sehen wir kleinere Waldbrände entlang der Straße und als es am Abend zu regnen beginnt, können wir beruhigt auf unserem Platz am See einschlafen.





Die Landschaft ist mal wieder toll und bei Carmacks erreichen wir den Yukon. Schiffe mit wenig Tiefgang konnten den Fluss befahren und die Bodenschätze aus den Gold- und Silberminen weiter transportieren. Eine besonders gefährliche Stelle waren die Five Finger Rapids, durch die schwer zu manövrieren war.





Wir machen einen kleinen Abstecher nach Keno, einer winzigen Bergbaustadt, in der hauptsächlich Silbererz abgebaut wurde und noch immer wird.
Eine atemberaubende unbefestigte Straße führt uns von Keno aus noch 11 km weiter steil nach oben auf 1.650 m Höhe, von wo aus wir einen fantastischen Blick auf die unter uns liegende Berglandschaft haben.







Wir verzichten auf eine Wanderung entlang des schmalen Grates und bewundern lieber die schönen Blumen auf dem Plateau.




In Keno besuchen wir das gut ausgestattete Bergbaumuseum…





…und bestaunen die riesigen Maschinen, mit denen die Berge ausgehöhlt wurden.


Auf unserem Übernachtungsplatz läuft ein Wolf direkt an unserer Kabine vorbei. Bevor ich die Kamera zücken kann, ist er auch schon wieder im Wald verschwunden…Pech! Dafür zeigt sich am nächsten Morgen ein Schwarzbär, der sich beim Futtern nicht von uns stören lässt.



Kurz vor Dawson City erreichen wir den Dempster Highway. Ein langgehegtes Traumziel und ein Highlight unserer Tour. Die nächsten 880 km windet er sich durch die Wildnis Kanadas und endet an der Beaufort Sea am Arctic Ocean.




Die Schotterstraße ist recht gut zu befahren, sie folgt über große Strecken einem alten Handelsweg der Gwit´chin und der Hundeschlitten-Route der Royal Canadiens Mounted Police.
Um zu verhindern, das die Straße im Sommer zu viel Schaden nimmt, wurde sie auf einem Damm aus isolierendem Schotter verlegt, der den Permafrostboden vor dem Auftauen schützt.
Gleich nach ein paar Kilometern haben wir Pech: ein entgegenkommendes Auto bremst nicht ab (was man eigentlich auf solchen Straßen macht) und ein Stein haut uns ein Loch in die Windschutzscheibe. Egal, es wäre auch schon fast ein kleines Wunder, wenn wir diesmal mit heiler Windschutzscheiben nach Hause kämen!
Die Straße führt zunächst durch die Olgivie Mountains und über einen 1.289 m hohen Pass, der die Wasserscheide zwischen Pazifik und Atlantischen Ozean bildet. Mal sind die Hügel grün bewachsenen,





mal sind schroffe Bergspitzen zu sehen, an deren Hängen das erodierte Gestein wie eine riesige Schutthalde wirkt.


Flüsse durchziehen die Täler, sumpfiges Buschland und Wälder wechseln sich ab.


Auf unserem ersten Übernachtungsplatz in einem territorialen Naturschutzgebiet spricht uns eine Rangerin an, klärt uns über die fragile Natur auf und weist darauf hin, dass sie es eigentlich nicht gerne sehen, wenn Leute hier übernachten. Da wir eine Toilette und Küche dabe haben, dürfen wir bleiben. Sie teilt unsere Begeisterung für die Natur und kann verstehen, warum wir das Flussufer dem Campingplatz vorziehen.



Erleichtert stellen wir fest, dass wir in Eagle Plains nicht nur Diesel sondern auch Trinkwasser tanken können. Kurz darauf erreichen wir den Arctic Circle: 66’33 Grad N, das Reich der Mitternachtssonne beginnt.



Wir übernachten auf einem bei iOverlander als „Gravel Bear Pit“ beschriebenem Platz, auf dem schon von mehreren Leuten Grizzlys gesehen wurden. Der Platz ist nicht so toll und bis abends ist kein Bär in Sicht. Ich stelle mir den Wecker auf 5:00 h morgens, vielleicht kommt er ja zum frühstücken vorbei… leider wieder nicht 😦


Die Straße führt nun entlang der Richardson Mountains, ist sehr trocken und die Autos ziehen eine lange Staubwolke hinter sich her. Nicht weit nach dem Arctic Circle verlassen wir Yukon und die Straße wird durch die Northwest Territories weitergeführt.


Auf der Weiterfahrt sehen wir vor uns ein Gebiet, in dem die Wolken sehr tief liegen. Wir schauen von oben auf sie herab, ein Bild wie vom Flugzeug aus, unglaublich. Die Straße führt bergab und wir tauchen langsam in die Wolken ein und fahren ein Stück im tiefen Nebel.





Kurz nach Fort McPherson erreichen wir die Fähre über den Peel River. Die Fähre wird an einem Seil über den Fluss gezogen und ist kostenlos. Die letzte Fähre geht um 12:30 h und wir sind froh, dass wir die Info schon vorher hatten…


Die Straße führt jetzt stetig bergab ins Mackenzie Delta. Die Flüsse Peel, Arctic Red und der Mackenzie haben hier ein 80 km breites und 240 km langes Labyrinth aus Seen, Flussarmen und Sümpfen geschaffen, ein Paradies für Millionen von Vögeln und mindestens ebenso vielen Mücken! Nur ca. 50 km weiter nehmen wir die nächste Fähre, diesmal über den größeren Mackenzie River, die aber ebenfalls nix kostet. In der Dachkonstruktion haben Schwalben ihre Nester gebaut und es ist ein ständiges Kommen und Fliegen der Vögel, die ihre Jungen füttern, süß! Diese Fähre fährt den ganzen Tag bis 23:30 h, sehr seltsam…




Die restliche Strecke nach Inuvik verläuft durch morastiges Flachland und Nadelwälder, deren Bäume selten höher als ein paar Meter werden.
Hier endete der Dempster Highway, erst 2017 wurde der letzte 140 km lange Abschnitt fertiggestellt, der bis Tuktoyaktuk führt.
Inuvik hat ungefähr 3.250 Einwohner und begrüßt die Reisenden am Ortseingang mit einem kleinen Visitor Center mit einer sehenswerten Ausstellung über die westliche Arktis, ihre Bewohner, Tiere, Landschaftsformen und Naturparks.






Hier geht die Sonne vom 25. Mai bis 18. Juli nicht unter, aber auch noch eine ganze Weile später wird es nachts nicht richtig dunkel.
Sehenswert ist auch die kreisrunde Iglu Church. Die bemerkenswerten Wandmalereien einer Inuit Künstlerin können wir leider nicht bewundern, da die Kirche geschlossen ist.
Um zu verhindern, dass die Gebäude mit ihrer eigenen Wärme den Permafrostboden auftauen und langsam darin versinken, wurden die Häuser ohne Keller und Fundament auf versenkte Stützen gestellt. Beheizte Tunnel laufen, ebenfalls auf Stelzen von Haus zu Haus, in denen die Rohrleitungen für Wasser, Abwasser und Fernwärme liegen.



Immer auf der Suche nach schönen Dingen einheimischer Künstler*innen besuchen wir jeden Souvenirshop in Inuvik, werden aber nicht fündig. Es werden viele kunstvolle Schnitzarbeiten aus Stein, Knochen und Horn angeboten, die unserem Geschmack leider so gar nicht entsprechen.
Die diversen Karibu- Biber- und Seehundfellprodukte finden auch aus anderen Gründen keinen Weg in unseren Besitz.
Die letzten 140 Kilometer sind schnell bewältigt, wir fahren durch flache baumlose Tundra, aus der sich nur manchmal kleine Hügel, sogenannte Pingos erheben, die einen Kern aus Eis haben. Wir besichtigen den größten davon (übrigens auch der größte ganz Kanadas) und erfahren, wie sie entstehen (siehe Foto).




Wir sind nun am Ende der Traumstraße Dempster Highway und auch irgendwie am Ende der Welt angekommen.



Der kleine Ort Tuktoyaktuk hat ungefähr 900 Einwohner und hat durch den Bau des Dempster Highway mächtige Veränderungen erfahren. Zuvor war er nur im Winter über die Eisstraße oder mit Schlitten, im Sommer mit Flugzeug zu erreichen, also nahezu abgeschnitten vom Rest der Welt.
Die Inuit leben zum Teil noch in hergebrachter Tradition, die Stadt ist ein Zentrum für die Karibu und Beluga Whale Jagd. Im totalen Gegensatz dazu befindet sich eine Basis der Öl- und Gasexploration in der Gegend.
Ein nicht zu vernachlässigender Teil der Einnahmen wird in den letzten Jahren durch den Tourismus erwirtschaftet. Ein einfacher Campingplatz direkt am Arctic Ocean mit unvergleichlichem Ausblick wurde eingerichtet. Es gibt Plumsklos, einige Steckdosen für Elektrizität und sogar Trinkwasser. Mit 63 CAD ist die Gebühr bislang die höchste, die wir für einen Campingplatz bezahlen mussten, aber allein die Aussicht ist es mehr als wert!



Außerdem ist das alles sicher nicht einfach zu managen, das gesamte Trinkwasser und Abwasser des Ortes wird alle 2 Tage durch Tanklaster gebracht und entsorgt. Die im Augenblick ca. 10 besetzten Stellplätze und etliche Tages-Touristen müssen jetzt mitbedacht werden.
Wir sind jedenfalls glücklich und zufrieden. Am Nachmittag tauche meine Zehen ins Eismeer – dafür gibt es sogar ein Zertifikat im Infocenter.



Wir erkunden den Ort werden auch im hiesigen Souvenirshop nicht fündig.





Wir bleiben 3 Tage, plaudern mit den Einwohnern und anderen Reisenden, freuen uns über unseren putzigen Nachbarn, einem Erdhörnchen (arktischer Ziesel), relaxen und genießen die langen Nächte mit Mitternachtssonne.







Auf unserem Rückweg bummeln wir den Dempster Highway entlang und sehen Kraniche und ein Schneehuhn mit Nachwuchs,



halten auf jedem Schlafplatz Ausschau nach Grizzly Bären.





Nach einem halben Tag Regen gibt es allerhand zu putzen.




Wir fahren die letzten Kilometer des Dempster Highways und sind nach 10 Tagen wieder zurück an der Kreuzung zum Klondike Highway.





Es sind jetzt noch ca. 40 Kilometer bis nach Dawson City, wo wir uns wieder mitten in den Trubel stürzen werden.